Könnte man mit dem Song heute für Katzenfutter werben? Als Werbeagentur sagen wir: Unbedingt!
Am 15. Dezember 1984 rödelte „Last Christmas“ vom britischen Popduo Wham! erstmals über die Kanäle. Seitdem gehört der Song zur Saison wie das Lametta am Baum und die Gans im Ofen. Geliebt, gehasst, gehyped – und nicht totzukriegen.
Wie haben die das hingekriegt? Und warum passt der Song nach 37 Jahren immer noch ins Konzept?
Weil DAS FEST zwar ein Höhepunkt im Jahr des Konsumenten ist: Alles muss raus, Geschenke, fettes Essen, Liebe. Aber letztlich wird Weihnachten vor allem EIN GEFÜHL verkauft. Im Stall vom kleinen Jesulein kuscheln wir uns zusammen. Gemütlich soll es sein und unbelastet von Stress und Streit. So wie das die Helden von „Last Christmas“ in ihrer Berghütte schaffen.
Und damit unsere heutigen hohen Erwartungen an das weihnachtliche Eiapopeia nicht in eine Katastrophe münden, versuchen wir, uns gegen allen Feiertagsunbill zu wappnen. Früher genügte dazu Jakobs Krönung zum Plätzchenteller, jetzt verkaufen Supermärkte die Rundumversorgung als Garant für ein sorgenfreies Fest, wo an alles gedacht ist: von der Trüffelleberpastete bis zum Klopapier mit Zimtnote. Dafür denken sich die Unternehmen immer neue herzerweichende Werbefilmchen aus, die an unser schlechtes Gewissen appellieren – „wie, du hast Opa vergessen?“ – aber stets mit Happy End, sodass sie locker mit jeder Rosamunde-Pilcher-Verfilmung mithalten.
Was hat Opa mit Last Christmas zu tun?
Wham! ist es damals mit ihrem Video quasi aus Versehen gelungen, das große Weihnachtsgefühl in einem Rutsch abzubilden. Zunächst ist, gleich am Filmanfang, im Alpenpanorama optisch viel Platz für viel Gefühl, die Herzen werden weit, und dass es ein diesiger Tag ist, um so besser, das fühlt sich vertrauter an als blaue Filmkulisse.
Mittendrin als Farbtupfer der Geländewagen, aus dem gleich der Held aussteigt. Die Fönwelle sitzt, die Zähne blitzen – bei allen übrigens. Und doch sind sie eigentlich wie wir, weil sie sich unterm Tannenbaum die Herzen brechen. Das lässt uns mitfühlen. Dass sie so gut erzogen und höflich sind, den Tisch decken und sogar selber kochen, das lässt uns hoffen, dass die Welt noch nicht komplett verloren ist. Dann wieder tollen sie unbeschwert im Schnee – ach, wie schön. Auch wenn die Liebe futsch ist. Was sie gar nicht ist, und sowieso stirbt die Hoffnung zuletzt: Wham! baut uns die ewige Brücke ins Nirvana. Vergiss last Christmas, freu dich auf maybe next year.
Weil wir es verdienen!
Und genau das wollen wir doch alle. Am besten sofort. Deshalb wäre dieses 37-Jahre alte Video das perfekte Setting für einen Werbespot – egal, worum es geht.
Wenn beispielsweise die hippen Städter in ihren oversized Parkas und fetten Stiefeln durch den Schnee schlurfen, könnte jeder Outdoor-Ausstatter hier seinen Werbejingle platzieren. Baumärkte könnten uns daran erinnern, dass wir dringend Verlängerungskabel und Ersatzglühbirnen brauchen. Und wir würden jeder Supermarktkette glauben, die im Abspann das Beste aus ihren Regalen anpreist. Von Kaminholz bis Katzenfutter. Weil wir ein störungsfreies Fest verdienen!
Bliebe noch zu klären, warum nie jemand mit Wham! Haargel und Zahnzusatzversicherungen beworben hat. Maybe next year.